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Erfahrungsbericht 1. Pflegepraktikum

Ein Bericht zum Pflegepraktikum in der Nephrologie.

Important Facts

  • Jede/r Medizinstudent/in muss innerhalb des vorklinischen Abschnitts ein dreimonatiges Krankenpflegepraktikum ableisten (Pflichtpraktikum)
  • Dieses Praktikum muss in der vorlesungsfreien Zeit, also in den Semesterferien, absolviert werden
  • Das Praktikum sollte in einer stationären Einrichtung stattfinden (Notaufnahme, OP, Altenpflege-/Behindertenheim, etc. werden nicht gewertet)
  • Der Sinn dahinter ist ein Einblick in pflegerische Tätigkeiten und deren Wertschätzung
  • Das Pflegepraktikum kann auch vor Beginn des Studiums absolviert werden (allerdings gibt es hier auch ganz klare Regelungen)
  • Anderweitige Tätigkeiten (FSJ, BUFDI, Ausbildungen, …) können je nach Tätigkeit auch angerechnet werden (unbedingt beim jeweiligen Prüfungsamt informieren!)
  • Weitergehende Informationen findet man immer online auf der jeweiligen Homepage des LPAs (Landesprüfungsamtes) eines Bundeslandes

     WICHTIG 

     Die Anforderungen können je nach Bundesland leicht variieren! 

Links zu weiterführenden Informationen

Weitergehende allgemeine Informationen zum Krankenpflegepraktikum:

https://m.thieme.de/viamedici/vorklinik-pflegepraktikum-1503/a/ krankenpflegepraktikum-fuer-medizinstudenten-3870.htm

Beispiel Anforderungen LPA Berlin: 

https://www.berlin.de/lageso/gesundheit/berufe-im- gesundheitswesen/ausbildung-im-inland/aerztin-arzt/ artikel.112488.php 

Wir haben Anfang Juli, das bedeutet, bei den meisten Student/innen rückt die Klausurenphase näher und damit auch die Semesterferien. Häufig verbringt man die Semesterferien als angehender Mediziner bei verschiedensten Praktika für einen oder sogar zwei Monate – zunächst in der Vorklinik mit den Pflegepraktika, dann später im klinischen Abschnitt mit den Famulaturen.

Aus diesem Anlass dachte ich mir, ich berichte mal ein wenig von meinem allerersten Klinikaufenthalt als Pflegepraktikantin. Vielleicht haben einige von Euch diese Erfahrung jetzt im Sommer das erste Mal vor sich, oder man möchte eventuell einfach mal wissen, wie das bei anderen Student/innen so ablief und geklappt hat. Zu Beginn habe ich ein paar Punkte zu meinem „ersten Mal“ zur Übersicht zusammengefasst – in der Kürze liegt die Würze! 😀  

> Wann? Im März, in den Semesterferien nach dem ersten Semester

> Dauer: 30 Tage

> Station: Nephrologie 

> Dienste: Früh- und Spätdienst (kein Nachtdienst),  Wochenenddienste jedes zweite Wochenende

> Patienten: überwiegend Ü65 Jahre, meist schwer krank, viele Dialysepatienten, lange Liegezeiten mit hohem Pflegeaufwand


Und nun wollen wir doch noch zu einer etwas ausführlicheren Variante mit mehr Details kommen:  Wie bin ich für das erste Praktikum auf dieser Station gelandet? Tatsächlich habe ich mich in einem Krankenhaus bei mir in der Heimat in Süddeutschland ungefähr vier Monate vor geplantem Beginn beworben, jedoch ohne eine gewünschte Station anzugeben. Demnach war es sozusagen eine „Überraschung“, auf welcher Station ich landen werde und kurz vor Beginn habe ich dann erfahren, dass es die nephrologische Station der Klinik werden wird. Ich hatte nicht viele Vorstellungen, wie die Zeit auf der Station werden wird, da ich davor noch nicht im Krankenhaus gearbeitet habe, sondern nur in verschiedene Praxen und mal im Seniorenheim „geschnuppert“ habe, wie alles so abläuft. Es war mir allerdings klar, dass es nicht viel mit einem Praktikum im eigentlichen Sinn, sondern mehr mit einem Ferienjob (Schichtdienst und ganz normal eingesetzte Arbeitskraft, ähnlich zu auszubildenden Pflegeschüler/innen) zu tun hat.

Der erste Arbeitstag

An meinem ersten Arbeitstag sollte ich um 13 Uhr vor dem Büro der Pflegedirektion erscheinen und bekam zunächst mein Namensschild, meinen Dienstplan, einige Informationen und Sicherheitsbelehrungen. Unter anderem zur Hygiene und Desinfektion, sowie zur Arbeitskleidung. Anschließend, nachdem ich mich zum ersten Mal in meinem Leben in einen Kasack (= typische Arbeitskleidung im Krankenhaus) begeben habe, wurde ich von der Sekretärin auf die Station begleitet. 

Dort sollte ich dann die Stationsleitung suchen und mich bei dieser melden. Diese war gerade mitten in einer wichtigen Besprechung, weshalb ich sehr rasch einer Krankenschwester der aktuellen Schicht zugeteilt wurde und ziemlich in die noch nie durchgeführten Pflegetätigkeiten „hineingeworfen“ wurde. 

Ich war direkt in der ersten halben Stunde als Hilfe eingesetzt, einen bettlägerigen Patienten frisch zu machen und das Bett zu überziehen, während der Patient aufgrund seiner Erkrankung weiter in diesem Bett lag (Klinikbetten neu überziehen ist sowieso schon eine Philosophie für sich – erstrecht bei bettlägerigen Patient/innen, da man hier dann „um den liegenden Menschen herumbastelt“). Die Pflegekraft, der ich zugeteilt war, war distanziert, aber freundlich zu mir und zeigte mir, frei nach dem Motto > learning by doing < , worauf ich am besten achte. Das klingt an dieser Stelle eventuell nicht gerade rosig, aber man wächst in alles hinein – lasst Euch auf keinen Fall vom ersten Tag einschüchtern oder entmutigen. 

Patienten

Die Patient/innen der nephrologischen Station dieser Klinik waren überwiegend älter und oftmals sehr schwer krank, und auch lange stationär (einige Patient/innen waren über den gesamten Zeitraum, den ich auf der Station verbracht habe, auch dort). Auch das Thema Tod und Sterben war sehr präsent, da spätestens bei jeder zweiten bis dritten Übergabe, also alle zwei bis drei Tage,  zu Schichtbeginn der Satz „Patient XY aus Zimmer Z ist vorher in unserer Schicht verstorben“ fiel. Durch den sehr routinierten Umgang der Pflegekräfte hatte ich aber nie das Gefühl von Berührungsängsten, negativem Gefühl, Überforderung oder Unwohlsein. Es war teilweise eher schön zu sehen, wie Menschen in dieser Situation begleitet werden und man mit manchen Patient/innen den letzte Kontakt hatte. 

Viele der Patient/innen waren dement, teilweise auch in sehr stark ausgeprägten Ausmaß, was den Umgang zunächst herausfordernd machte , jedoch würde ich diese Erfahrung nicht missen wollen, weil sie einem für so viele zukünftige Situationen sehr weiterhelfen und sicherer agieren lassen. Der Großteil der Menschen waren PKMS-Patient/innen, was bedeutet, dass sie mit den größten Pflegeaufwand haben und sich kaum mehr eigenständig kümmern können. Praktisch gesprochen bedeutete dies für mich, folgende Dinge zu übernehmen: Körperpflege, Essen anreichen und eingeben, Lagern (= Liegeposition des Patienten mehrmals pro Schicht ändern, dass keine Druckstellen am Körper entstehen, da der Mensch sich nicht mehr selbst anders hinlegen kann).

Die Patienten waren in den allermeisten Fällen sehr freundlich, haben mich aber nicht speziell als Medizinstudentin, sondern eher als Pflegeschülerin wahrgenommen, was aber auch  aufgrund meiner Aufgaben den Eindruck auf Außenstehende gemacht hat und somit verständlich war.

Arbeitsklima und Arbeitszeiten

Die Atmosphäre würde ich an sich auf der Station als ganz gut beschreiben, auch wenn es einen ziemlichen Personalmangel gab und die Station oft unterbesetzt war (an einem Wochenende war ich alleine mit zwei examinierten Pflegekräften auf der gesamten Station, als für 36 Betten da), somit hat man dem Personal verständlicherweise öfter mal den Stress angemerkt. Ich wurde freundlich aufgenommen, jedoch war nicht viel Zeit für großartige Erklärungen von Abläufen, Krankheitsbildern, etc. Fleiß und eigenständiges Arbeiten wird immer gerne gesehen und erleichtert einem selbst auch Vieles. Beispielsweise durfte ich für einen Dienst auf die Dialysestation, die nicht unmittelbar zu der nephrologischen Station gehörte und eigenes Personal hatte. Hier konnte ich mir die ganz anderen Dienstabläufe anschauen, bekam sehr viel von einem Fachkrankenpfleger zu den Dialysegeräten, der Technik und dem Ablauf der Dialyse erklärt. Das war ein sehr interessanter Dienst.

Kontakt zu den Ärzt/innen hatte ich so gut wie nie, jedoch hat mich eine PJlerin zweimal zu Ultraschalluntersuchungen mitgenommen, nachdem ich sie danach fragte.

Gearbeitet wurde, wie für die Pflege üblich, im Schichtdienst, wobei ich nur für Frühdienste (ca. 06:00 – 14:00) und Spätdienste (ca. 14:00 – 22:00) eingeplant wurde. Nachtdienste musste ich nicht machen, allerdings gilt das nicht für alle Stationen und Krankenhäuser in Bezug auf das Pflegepraktikum. 

Jedes zweite Wochenende hatte ich Dienste am Wochenende, was ich total angenehm fand, denn der Dienstablauf ist entspannter und entschleunigt (es finden nämlich nur dringende Untersuchungen statt und der Zeitplan der einzelnen Patienten ist damit nicht zu vergleichen mit dem unter der Woche). Das Gute an Wochenenddiensten ist zudem, dass man danach eigentlich immer mindestens zwei bis drei Tage dienstfrei hat. 😉 

Die längste Etappe, die ich ohne einen freien Tag am Stück gearbeitet habe, waren zehn Dienste.

Typischer Dienstablauf

Frühschicht: Der Dienst beginnt immer mit einer sogenannten Übergabe der vorherigen Schicht, das bedeutet eine Besprechung jedes Patienten vom Nachtdienst an den Frühdienst. Ist irgendwas besonderes vorgefallen, wie ging es den einzelnen Patienten über die letzten Stunden? Danach wurde eingeteilt, welche Pflegekraft welche Zimmer übernimmt und betreut. Meine Aufgabe war dann für die nächsten drei Stunden nach und nach in die Zimmer zu gehen, die Patient/innen zu waschen oder beim Fertigmachen für den Tag zu helfen. Danach durfte ich das Frühstück auf die einzelnen Zimmer bringen, Puls und Blutdruck der Patient/innen messen und dokumentieren, Tabletts des Frühstücks wieder einsammeln, bei Klingeln der Patienten nachschauen, Schränke auffüllen, Betten neu beziehen, Mittagessen austeilen und später wieder einsammeln. Dazwischen hatte ich eine halbstündige Pause. Der Frühdienst verflog geradezu wegen der Fülle der Aufgaben. 

Spätschicht: Auch die Spätschicht beginnt zunächst mit einer Übergabe vom Frühdienst an den Spätdienst. Danach wurde ein Durchgang durch alle immer gemacht, nach den Patient/innen geschaut, wieder Messung und Dokumentation der Vitalwerte, Abholen von Untersuchungen oder dem OP. Sehr früh am Abend, eher am Spätnachmittag wurde das Abendessen verteilt und später den Patient/innen beim „Bettfertig-Machen“ geholfen. Generell kann man sagen, dass die Zeit im Spätdienst nicht so schnell vergeht, weil man gerade als Praktikant/in streckenweise auch etwas die Zeit absitzt – die examinierten Pflegekräfte haben hier viel Dokumentation und „Papierkram“ vor sich. Selbstverständlich stand einem auch hier eine halbe Stunde Pause zu.

Besonderheiten dieser Station

Besonders waren auf dieser Station auf jeden Fall die Anzahl an Patient/innen mit PKMS-Pflege, Demenz und auch die hohe Frequenz an Sterbefällen, da es viele schwerkranke und todkranke Patient/innen gab. Eine weitere Besonderheit waren die Fülle an Isolationszimmer – das bedeutet, dass Patient/innen aufgrund eines ansteckenden Keims oder Ähnlichem im Zimmer isoliert wurden und man sich vor jedem Betreten des Raums mit Schutzkleidung (Mundschutz, Kittel, Handschuhe, …) ausstatten musste. In manchen Kliniken werden die Praktikant/innen nicht in Isolationszimmer gelassen, jedoch konnte ich das in diesem Krankenhaus und bekam genau die gleichen Aufgaben, wie für nichtisolierte Patienten auch.

Ein ganz besonderer Moment war für mich, als ein Patient mehrmals klingelte, ich zu ihm ins Zimmer kam, und er mir in die Augen schaute und sagte „Ich habe so Angst zu sterben. Können Sie sich nicht ein bisschen zu mir setzen?“ Das habe ich dann auch gemacht, während er mir viel aus seinem Leben erzählte und ich seine Hand hielt. Für mich fühlte sich die Situation besonders an, da ich das Gefühl hatte, die Lebensgeschichte sprudelt ein letztes Mal aus ihm hervor, er möchte nochmal alles loswerden und hat mir sein Vertrauen geschenkt. Dieses Vertrauen entgegen gebracht bekommen zu haben, schätze ich bis heute. Ich habe meine Pause am Bett von diesem Patienten verbracht. Er ist letztendlich sogar so ruhig geworden, dass er nochmal eingeschlafen ist als ich noch im Zimmer saß und er somit nicht alleine war, allerdings verstarb er dann in der Schicht nach meinem Dienst.

Was habe ich für mich mitgenommen? Empfehlung?

Ich habe tatsächlich sehr viel aus diesem Praktikum mitgenommen: Zum einen, was es bedeutet, die Ansprechperson für sehr kranke Menschen zu sein und welche schöne, sinnvolle und verantwortungsvolle Aufgabe man in der Patientenbetreuung hat. Zum anderen haben Pflegekräfte nach diesen vier Wochen erstrecht (!) meinen vollsten Respekt für die tägliche körperliche und mentale Belastung und dieses Bewusstsein bei jungen Studenten zu schaffen, halte ich für unglaublich wichtig. 

Auch, wenn es wahrscheinlich sehr viel angenehmere und weniger harte Berichte zum ersten Pflegepraktikum von anderen gibt, bin ich sehr froh um diese Erfahrung, da ich der Überzeugung bin, dass eine hohe Belastungsschwelle, Grenzerfahrungen und Über-sich-hinaus-wachsen, sowie sehr eigenständiges Arbeiten auf dem Weg „Medizinstudium“ immer hilfreich sind und einen weiterbringt. Es ist eine sehr gute Übung für später, weshalb ich eine vermeintlich heftigere Station nur empfehlen kann, allerdings vielleicht nicht unbedingt als allererstes.

Abschließend noch ein paar kleine Empfehlungen…

Tipps zum Pflegepraktikum

  • Rechtzeitig bewerben! (2-4 Monate vorher, bei beliebten oder für Praktikant/innen selten angebotenen Stationen noch früher, z.B. für die Entbindungsstation)
  • Bewerbung an die Pflegedirektion der Klinik
  • Nicht mit der Erwartung, sehr viel medizinisch beigebracht und gezeigt zu bekommen an die Sache gehen, sondern nehmt die Erfahrungen mit und macht Euch mit dem Patientenkontakt und -umgang vertraut.
  • Fleiß, Freundlichkeit und Engagement werden meist mit ein paar Upgrades belohnt, z.B. anspruchsvollere Tätigkeiten je nach Station, oder ein „Geh mal in Zimmer XY, die Ärzte legen gerade ´ne Magensonde, dann kannst Du Dir das mal ansehen!“ 😉
  • Nutzt die Gelegenheit, Euch mit dem Pflegepersonal auszutauschen und die Dynamiken wahrzunehmen! So sehr wie jetzt wird man nach den Pflegepraktika nicht mehr hinter die Kulissen in diesem Bereich schauen können. 
  • Überlegt Euch, welche Station Euch interessieren könnte, oder wo man vielleicht die höchsten Chancen hat, einiges zu sehen (chirurgische Stationen ~ verschiedene Wunden, Drainagen und Verbände; Stationen der Inneren ~ meist eher schwerkranke Menschen, Konfrontation mit dem Tod, usw.). Aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass es auch ganz lehrreich und herausfordernd sein kann, sich einer Station zuteilen zu lassen – auch das hat seine Vorteile.
  • Es gibt auch die Möglichkeit, das Praktikum in einer Klinik einer anderen Stadt als der Heimat- oder Studienstadt zu machen, sowie ins Ausland zu gehen. Allerdings bedarf es hier einiger Informationen und Planung. 
  • Bleibt positiv und nehmt das Beste für Euch daraus mit. 🙂

Liebe Grüße, bleibt gesund und bis bald!

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