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Ärztin impft Patienten

Gespaltene Bevölkerung: Impfen

Was die Gesellschaft gerade bewegt und was ich dazu denke

Nach dem dritten Testat kam endlich die wohlverdiente Winterpause. Gelegenheit, einmal in Ruhe durchzuatmen.

Auch wenn es erstmal befremdlich scheint, Pause machen zu dürfen. Man ist vor die Frage gestellt, ob man die Situation womöglich lieber nutzen sollte, um Stoff vorzuarbeiten. Schließlich könnte das ja den Klausurenstress vermindern, wenn wieder Alles zusammen kommt. Doch man ist auch erholungsbedürftig und möchte Ressourcen sammeln, um später wieder Vollgas geben zu können.

Man könnte es wieder einmal als Balanceakt betrachten.

Aber unabhängig davon, ob man sich jetzt für oder gegen das Lernen in der Winterpause entscheidet, aus der Medizinerblase auftauchen, das ist auf jeden Fall drin. 

Endlich Familie, Freunden und Bekannten mehr Zeit widmen. Kaum einer fährt über die Feiertage nicht nach Hause.

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Und doch stelle ich immer wieder fest, dass die Feiertage dieses Jahr einfach nicht dasselbe sind. Ich kann mich nicht erinnern, dass Silvester jemals derart unspektakulär war. Ich stehe mit der Meinung bei weitem nicht alleine.

Was ich mit dem Blick auf meine Mitmenschen in letzter Zeit häufiger feststellen musste: Die Stimmung in der Bevölkerung ist merkwürdig.

Die Gesellschaft scheint gespalten. Ich beobachte, wie die Gesprächskultur immer mehr abdämpft. Die Menschen reden aneinander vorbei. Ein Begriff, der mir dazu immer wieder einfällt: Polarisiert. Es zeichnen sich klare Fronten ab.

Man ist wütend. Wütend auf die Politik. Frustriert über die pandemischen Verordnungen. Geimpfte genervt von den Ungeimpften. Ungeimpfte genervt von den Geimpften. 

Ich persönlich bringe für alle Seiten möglichst viel Verständnis auf. Mal fällt es mir leichter, mal weniger leicht. 

Aber mir ist es wichtig, dass ich mich meinen Mitmenschen nicht verschließe. Schließlich ist auch das Basis für ein harmonisches Miteinander in den Zeiten die auf Corona folgen werden. Auch wenn diese Zeiten wenig greifbar scheinen.

Ich erkenne, wenn es keinen Sinn mehr hat, sich auf wissenschaftliche Fakten zu stützen. Ich überlege mir, wer mein Adressat ist. Was hat die Person in der Pandemie zu bewältigen gehabt? Ist ihr Frust nicht eventuell gerechtfertigt? Beispielsweise, weil sie ihre Arbeit verloren hat?

Natürlich habe ich selbst eine klare Meinung zu den Themen, die unsere Gesellschaft bewegen.

Doch sie ist nicht in Stein gemeißelt. Man lernt stets dazu. Genauso geht es der Politik. 

Sie hängt stets hinterher. Sie trifft teilweise falsche Entscheidungen. Scheint wichtige Aspekte, ganze Bevölkerungsgruppen, nicht in ihre Kalkulationen mit einzubeziehen.

Manchmal setzt sie Mittel auch grundlegend falsch ein. Dort zu viel, hier und da zu wenig. Gelegentlich ist sie in ihrer Entscheidungsfindung und Einflussnahme schlicht und einfach zu träge.

Doch sie ist auch vor eine Mammutaufgabe gestellt. Sie muss auch dazu lernen. Wissenschaft ist schnell, atemlos, zackig. Wissenschaft sagt eher ,,womöglich” und ,,wahrscheinlich” als ,,mit Sicherheit” oder ,,absolut”. Denn sie muss bereit sein, sich korrigieren zu können. Auf jede These könnte eine Reihe von Gegenthesen folgen, die eventuell auch eine Daseinsberechtigung haben. So funktioniert wissenschaftlicher Austausch und wissenschaftliches Arbeiten. Und nur so kann wissenschaftlicher Fortschritt erzielt werden.

Was nicht heißt, dass wir biologische beziehungsweise virologische Grundlagen wie Antikörpertiter oder das Prinzip von Virus-Übertragung neu definieren müssen. Es heißt vielmehr, dass wir teilweise noch nicht mit Sicherheit wissen, mit was genau wir es zu tun haben. Wie wir Beobachtungen zu deuten haben. Die Grundlagen sind also gewissermaßen die Instrumentarien für die Einordnung der gesammelten Daten. Und Daten werden wahnsinnig viele gesammelt. Dauernd kommen neue dazu. Ein kontinuierlicher Prozess. Gerade in Hinblick auf neue Covid-Varianten. Wie gefährlich diese tatsächlich sind, stellt sich manchmal eben auch erst später heraus.

Der Punkt ist, dass man sich bis dahin auf Prognosen stützen muss.

Der Punkt ist, dass man, gerade weil man noch nicht alles weiß, möglichst vorsichtig vorgehen muss.

Ich bin für das Impfen

Ich habe ein wenig Probleme nachzuvollziehen, wie man sich mit biologischen Grundlagen auseinandersetzen und dennoch zu dem Schluss kommen kann, dass es nicht sinnvoll ist, sich impfen zu lassen. Also bin ich auch ein wenig frustriert, wenn sich Menschen dem verschließen, was unter anderem wesentlich zu bereits länger bestehenden medizinischen Errungenschaften unserer heutigen Gesellschaft gehört.

Verleugnen wir jetzt etwa den medizinischen Fortschritt?, frage ich mich.

Ich bin frustriert. Aber noch frustrierter bin ich, wenn ich höre, dass sich Menschen wegen Corona die Freundschaft kündigen oder den Kontakt zueinander ganz abbrechen. Hallo? Stop!, möchte ich da am liebsten sagen. Von so viel Sturheit und Aggressivität profitiert doch nun wirklich niemand.

Politiker wollen wiedergewählt werden. Es ehrt sie nicht, dass sie dieses Vorhaben so sehr in ihrer Beschlussfassung lenkt. Doch es ist nun mal so. Tatsache ist aber auch, dass wir uns in einer Situation befinden, in der es durchaus herausfordernd ist, es möglichst vielen Menschen Recht zu machen.

Das halte ich mir vor Augen, wenn ich am liebsten genau wie die anderen über die Politik schimpfen möchte. Wie bereits erwähnt: Es ist eine Mammutaufgabe. Nicht weniger. Politiker sein wollte ich derzeit besonders wenig.

Aber rudern wir ein wenig zurück. Zurück zur Winterpause.

Jetzt hätte ich also einmal ausreichend Zeit, um mich meinen Mitmenschen mehr zu widmen. Da muss ich plötzlich feststellen , dass es auch als doppelt Geimpfte nicht mehr so leicht ist, am gesellschaftlichen Leben zu partizipieren. ,,Astrazeneca nur noch 3 Monate gültig.“, heißt es. Mein blauer Impf-QR-Code demnach nutzlos. Kritisch.

Ich lese, dass der QR-Code 14 Tage nach der Impfung wieder wirkungsvoll sein soll. Also ist klar, ich muss mich baldmöglichst boostern lassen. 

Es eilt auch deshalb, weil ich ahne, dass ich auch dieses Mal nicht von einer entsprechenden Impfreaktion verschont bleiben werde. Etwas, das mir nicht in einer Prüfungssession oder unmittelbar vor einem Praktikum passieren darf. 

Schließlich konnte ich bei manchen meiner Freunde und Bekannten beobachten, wie es sie teilweise ziemlich ausgeknockt hat, als sie sich haben boostern lassen.

Die UB hat bis zum 02.01.22 Weihnachtspause. Danach gilt auch hier 3G-Pflicht.

Ebenso in Cafés, dem Öffentlichen Nahverkehr und in manchen Geschäften. 

Nochmals wird mir bewusst: Wenn ich mich nicht bald impfen lasse, sieht es ziemlich eng aus. 

Leider kommt noch eine weitere Problematik hinzu: Impfstoffknappheit in Deutschland. Ein Mangel, der meiner Meinung nach erst behoben werden sollte, bevor man sich in breite Diskussionen darüber stürzt, ob die Impfpflicht weiter ausgeweitet werden sollte oder ob gegebenenfalls sogar Apotheker dazu befugt werden sollten, Impfungen verabreichen zu dürfen. Insbesondere in Anbetracht der zusätzlichen Belastung von Arztpraxen, die bereits mehr als ausreichend organisatorische Herausforderungen zu meistern haben.

Mehr dazu: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/129660/Coronaimpfungen-kuenftig-auch-durch-Apotheker-moeglich-Aerzteverbaende-ueben-Kritik

Doch so richtig anstrengend wird es, wenn die Knappheit an Impfstoff plötzlich das Impfangebot bei jungen Menschen einschränkt. 

Impfaktionen gibt es immer wieder. Nicht selten sogar ohne sich dafür anmelden zu müssen. Doch derzeit eben mit der Limitation, dass der Impfstoff nicht an Menschen unter 30 Jahren ausgegeben wird.

Schreibt mir eine Arztpraxis auf Anfrage

Ich lese es immer wieder. 

Später erfahre ich, dass es daran liegt, dass bei unter 30-Jährigen nur noch der mRNA-Impfstoff von BioNTech/Pfizer empfohlen wird. Grund dafür: besagte Altersgruppe scheint nach einer Impfung mit Moderna ein höheres Risiko für eine Myokarditis zu haben, als nach Impfung mit dem Impfstoff von Biontech.

Plausibel. Dennoch: jetzt ist es also dementsprechend schwieriger einen Termin zu bekommen.

Tja. Was macht man da? Dranbleiben und möglichst pünktlich da sein, wenn doch einmal ein Impfangebot ohne derartige Limitation angeboten werden sollte. Oder früh aufstehen und in den nächsten Ort fahren, um von einer Impfaktion zu profitieren. Ich denke, es lohnt sich.

Übrigens: 

Man kann das Geimpft-werden auch zu einer spaßigen Aktion machen.

Der Trick hierbei ist, sich Freunde ins Boot zu holen, die ebenfalls geimpft werden müssen. Es fällt leichter, früh aufzustehen, wenn man sich darauf freuen kann, bei einer gemeinsamen Zugfahrt in den nächsten Ort zu fahren.

Wir sind nach Waldkirch gefahren. Obwohl wir sogar einige Minuten früher vor Ort erschienen sind, hat sich vor der Stadthalle bereits eine lange Schlange gebildet.

Doch davon haben wir uns nicht beirren lassen. Bereits wenige Minuten später hat sich diese rapide verkürzt. Insgesamt verlief alles reibungslos und sehr flott. Die Besatzung hat gute Laune verbreitet und alles organisatorisch optimal strukturiert. Man kann sich wirklich nicht beklagen.

Ich verzichtete auf ein ärztliches Aufklärungsgespräch und war dementsprechend etwas schneller fertig als meine Begleitung (=Nicht-Mediziner), die sich noch in aller Ruhe ihre Fragen beantworten lassen haben.

Alleine schon deshalb finde ich die Impfaktion unterstützenswert: Kompetente Fachkräfte können die Fragen der Laien beantworten und mit Irrtümern aufräumen. Denn von diesen gibt es derzeit mehr als genug.

Besonders amüsiert hat uns im übrigen die weihnachtliche Dekoration, die das Thema Impfstoff aufgegriffen hat. 

Unbefüllte Impfampullen am Weihnachtsbaum

Nach dem Impfen gab es für uns eine Runde Tee und Kaffee. Impfreaktionen hatten wir im übrigen nur wenig. In meinem Fall war es ein wenig Schlappheitsgefühl und Muskelkater im linken Oberarm. Allenfalls noch ein wenig Kopfschmerzen. Der QR-Code war, entgegen dem was ich vorher gehört hatte, doch direkt gültig.

Also insgesamt eine sehr positive Erfahrung!

Auf geht’s! Impfen lassen!

Impfangebote im Kreis Freiburg:

https://www.badische-zeitung.de/bz-impfkalender-tagesaktuelle-corona-impfangebote-in-suedbaden–206920013.html


Autorin:

Audrey

Coucou, mein Name ist Audrey und ich bin eine aufgeweckte Medizinstudentin aus Freiburg!

Derzeit befinde ich mich ich im vierten Fachsemester Humanmedizin der Albert-Ludwigs-Universität. Ich bin unternehmungslustig, neugierig und nehme mich selbst meistens nicht allzu ernst. Hier schreibe ich ehrlich und ungeschönt über das Medizinstudium, das Studentenleben und so manches anderes.

Mach dir doch einfach dein eigenes Bild. Bis dann!

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