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Wer sind die Erstis

High-Five

High-five am Flughafen. High-five am Bahnhof. Ich schultere meine Reisetaschen.

Für mich ist es kein Aufbruch in fremde Welten. Für mich ist es eine Rückkehr in vertrautes Terrain. Auch, wenn ich nicht vorhabe, gänzlich zu dem zurückzukehren, was ich hinter mir gelassen hatte. Schließlich plane ich die Sachen nun ein wenig anders – sagen wir nachhaltiger, effektiver, ausgewogener – handzuhaben.

Aber dennoch ist es eine Rückkehr.

Es hätte genauso gut ein High-five an den Drehtüren der UB sein können. Ich trete ein.

Und wer klatscht denn nun ab? Beispielsweise ein Freund, der in der Eingangshalle der UB steht und mir stolz mit seinem Physikumszeugnis winkt. Er gehört zu dem Teil meiner Freunde, die das Physikum nun hinter sich gebracht haben. Jetzt sind sie es, die sich davonstehlen.

Ein bisschen Urlaub und Erholung. Vielleicht auch Erkundungsreise. Im Idealfall mehr als nur ein bisschen. Schließlich sind einige von ihnen nach den vergangenen Monaten nahezu tiefenausgelaugt.

Andererseits haben Sie auch nicht wirklich viel Zeit bis das neue Semester beginnt. In ihrem Fall hat das Stex die Semesterferien ersetzt. Tja. It is what it is.

Also gut. High-five. Wir klatschen ab und tauschen Platz. Ich finde mich in der UB ein. Wenn auch noch etwas zaghaft.

Stimmungsbild

Wie sieht es nun aus, im Leben einer Schieberin? Was beschäftigt einen? Womit schlägt man sich herum?

Einen sehr hohen Stellenwert hat wohl definitiv die Frage, wie man die optimale Routine gestaltet. Wann ist man am produktivsten? Wie lässt sich Lernpensum, Sozialleben und Sport vereinbaren, ohne à la Kafka die Nächte durchzuarbeiten und auf Schlaf zu verzichten?

Es sind banale Fragen, die ich für mich in Ruhe beantworten wollte, bevor es dafür zu stressig werden würde. Ich probiere mich aus.

Frage: Wieviel Kaffee bringt mich durch den Tag?

Feststellung: Mit 3 Kaffees bis 17 Uhr bekomme ich einen stabilen Lerntag hin. Aber dann bin ich so aufgekratzt, dass es selbst einem der Fitnesstrainer des Gyms auffällt.

Wichtiger als Kaffee? Großer Seufzer. Die Antwort ist wohl: Schlaf. Ab 21 Uhr ertönt in meinem Hinterkopf die Musik von Mission impossible. Ab jetzt beginnt ein Kampf gegen die Zeit. Perfekt wäre es, um 22 Uhr im Bett zu liegen. Erreichbarer womöglich eher 23 Uhr. Alles andere liegt in einer Spannungsbreite jenseits von 0 Uhr, jenseits von Gut und Böse. Und doch muss man sich ehrlich eingestehen: nach 23 Uhr ist man eigentlich nicht mehr wirklich produktiv. Sinnvoll wäre es wohl wirklich, sich früher hinzulegen. Seufz.

Jeglicher Widerspruch der sogenannten Nachteulen sei an der Stelle abgelehnt. Ihr fürft nicht mitreden, ihr lebt nach euren eigenen Regeln.

Schlaf also. Sport also. Sozialleben also. Hmm. Alles unter einen Hut. Einen großen Hut. Vielleicht einen Sombrero?

Ein wichtiger Pfeiler einer erfolgreichen Routine besteht meines Erachtens darin, dass man sich bestimmte Orte für einzelne Punkte des Tagesplans sucht.

Lernen in der Bibliothek oder im Lesesaal. Konstante Einrichtung, konstantes Stockwerk, konstante Lernumgebung.

Hochschulsport?

Sporttreiben geht am besten im Gym.

Oder in der Boulderhalle. Die erfreut sich unter den Freiburger Studenten an besonders großer Beliebtheit.

Fast so beliebt wie ,,Hochschulsport“. Einer Möglichkeit, wie man als Freiburger Student eine neue Sportart ausprobieren kann. In der Regel alles andere als teuer. In der Regel mit vielen neuen Menschen. In der Regel aber auch vor allem eines: irsinnig begehrt. Es gibt durchaus einige Festivals für die man leichter Tickets bekommt, als Plätze bei den Kursen von Hochschulsport. Innerhalb der ersten drei Minuten nach dem Online-gehen der Webseite am Termin des Semesterstarts sind schon die meisten Kurse voll belegt. Selbst Plätze auf der Warteliste sind limitiert. Wer Interesse hat, muss früh aufstehen und gutes Internet haben, um die Seite regelmäßig zu aktualisieren: https://www.hochschulsport.uni-freiburg.de/aktuelles-1

Vielleicht nochmal zurück zur Lernumgebung. Bei mir bestand diese zeitenweise aus sehr viel Rollkragenträgern. Einfach aus dem Grund, weil es jetzt bald zu kalt für Polohmenden wurde. Weshalb ich mittlerweile ganz gerne unter die Juristen gehe, weiß ich selbst noch nicht ganz zu erklären.

Bei den Juristen? Weitere Bib-Spezies

Das Völklein aus dem zweiten Stock der UB. Ähnlich dem Völklein der Gallier bleiben sie unter sich. Speziell sind sie jedenfalls. Und faszinierend, irgendwie.

,,Ich habe heute ganz neue Bib-Typen ausgemacht. Neben den Festungsbauern und Rumwatschlern gibt es jetzt noch den Snacker, die Sesselhockerin und den Akkulosen.”, sprudelt es aus mir heraus, während mich meine Freunde aus der Bib begleiten.

Der Rumwatschler bedarf keiner Erklärung. Sein Titel spricht für ihn. Meine Freunde ergänzen die Unterkategorie ,,Treppen-Steiger-Rumwatschler”. Dabei handelt es sich um Studenten, die ihre Pausen damit verbringen, mal gemächlicher, mal weniger gemächlich, die Treppen auf und ab zu steigen. Mit Sicherheit eine Eigenart, die nur dann nicht komplett merkwürdig erscheint, wenn man sich selbst zu den Bib-Dauerinsassen zählt.

Nun gut.

Die Festungsbauer, an die erinnern wir uns auch noch kurz. Diejenigen, die es sich an ihrem Platz so einrichten, dass sie sich regelrecht in einer Festung aus Fachliteratur, Technischen Geräten, Getränken und Schreibstoff befinden.

,,Da passt du ja als Oberburgfräulein perfekt zu den Juristen. Die richten es sich auch immer ein, mit ihren Wälzern.”, stellte eine Kommilitonin fest. BGB rechts, StgB links, ,,Strafrecht besonderer Art” gleich daneben. Wer solche Bücher schleppt, kann guten Gewissens das Arm-Workout auslassen. 

Und der Snacker? ,,Der Snacker, das ist jemand, der abends, wenn wenig los ist, seine Chipstüte auspackt und mit seinem Geknuspere das ganze Stockwerk ausfüllt. Je später die Stunde, umso schamloser wird geknuspert. Selbst in einem so stillen Stockwerk, wie dem der Juristen. 

Die Sesselhockerin, die betritt das Stockwerk, macht es sich in einem Sessel gemütlich, liest und geht dann wieder. Der Lesestoff besteht in der Regel aus Romanen die mit Sicherheit spannender sind als ,,Die staatsanwaltiche Assesorklausur”, die manche Juristen neben sich hatten.

,,Und dann gibt es noch den Akkulosen. Der kommt, lädt seine Geräte und macht dann wieder die Fliege.”

,,Aber da kenne ich auch einige Mediziner. Sogar welche, die sehr nah an der Bib wohnen. Die laden die Geräte nur in der Bib auf. Also wirklich nur dort.”

,,Das ist ein Ding?”

,,Das ist ein Ding, du. Ich vermute, sie machen das um Energiekosten zu sparen. Naja, mal schauen, wozu es die Studenten bei den kommenden Energiekosten noch treibt.”

,,Wahre Worte.”

So ganz unschuldig darf ich mich allerdings auch nicht geben. Schließlich gehöre ich ebenfalls zu denjenigen, die die UB – insbesondere in den kälteren Wintermonaten – als praktische Zwischenstation zwecksentfremdet. Wenn es kalt ist und sich ein Zeitfenster auftut, welches nicht anders zu füllen ist und für das es sich nicht lohnt, nochmals nach Hause zu fahren.

Unter die Juristen gegangen also. Die Invasion ging im Übrigen nicht spurlos an mir vorbei. Es könnte sein, dass ich den Hemden und Rollis in meinem Kleiderschrank seit neustem einen verstohlenen Blick mehr zuwerfe, als sonst. Die Resistenz bekommt Risse. So schnell geht das.

Tatsächlich bin ich aber auch nicht die einzige Medizinerin, die sich untergemischt hat.

Die eigentlichen Erstis

Die neuen Dritties besiedeln die UB foranschreitend.

Spätestens, wenn der Präpkurs voll im Gange ist, werden sie hier einziehen. Ihre Anatomiebücher haben sie jetzt schon dabei.

Schließlich bereiten sie sich auf die Eingangsklausur Anatomie vor. Eine Klausur, die dem Präparierkurs vorausgeht.Es ist eine Klausur, die man nicht unterschätzen sollte. Es fallen auch immer mal wieder welche durch. Dann muss man es zwingend beim Zweitversuch schaffen, sonst muss man sich vom Präparierkurs dieses Jahr verabschieden.

Kurz gesagt: die nächste Horde Dritties wird Teil des Video-Games ,,Drittes Semester.” Eingangsklausur Level 1. 

Wenn sie es zu Level 2 schaffen, machen sie womöglich mit mir Bekanntschaft. 

Als Tutorin plane ich nicht weniger, als sie mit ausreichend Kampfmontur für ihre Begegnung mit den Endgegnern auszustatten. 

Ihrem Semesterstart sehe ich also gespannt entgegen. 

,,In Freiburg sind die Dritties doch die eigentlichen Erstis. Erst ab dem dritten Semester ändern sich die Maßstäbe, mit denen man dem Studium begegnet, grundlegend.”, meinte ein Freund neulich zu mir, als wir eine Horde wanna-be-Dritties dabei beobachteten, wie sie ihre Materialien für den Präparierkurs abholten.

,,Im Grunde sind wir doch immer wieder Ersti. zum Beispiel, wenn du Famulatur machst und am ersten Tag im Krankenhaus verloren am Empfang herumsteht. Wenn du noch gar nicht weißt, wohin mit dir und die Abläufe dir komplett fremd sind. Also ich glaube, wir werden in diesem Studium noch ganz  häufig Ersti sein.”

Dann gibt es noch die tatsächlichen Ertis, auf die bald die jährliche Schreckensvorlesung wartet. Ich hoffe, sie wird auch dieses Jahr von einem ganz bestimmten Dozenten gehalten. Die Freiburger Medizinstudenten wissen, dass es nur einen Experten für diesen Job gibt. Nur einer schafft es, die lieben unschuldigen Erstis ausreichend zu traumatisieren. Schließlich hat die Veranstaltung einen gewissen Ruf, welchem sie gerecht werden sollte.  

Besonderheit dieses Jahr ist im Übrigen:

Es wird eine Begrüßungsveranstlatung für alle Stundenten geben, die ihr Medizinstudium während Corona angefangen haben.

,,Lieber Student, liebe Studentin,

ich freue mich sehr, dass Sie Mitglied der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg sind.   
 
Leider konnten wir Ihnen in den vergangenen zwei Jahren für Ihren Start nicht den klassischen „Erstsemestertag“ bieten. Daher lade ich Sie herzlich ein, an der diesjährigen Semesterbegrüßung am 10. Oktober 2022 im Europa-Park Stadion teilzunehmen. Begleitpersonen sind ebenfalls herzlich willkommen.
 
Wir möchten Ihnen nachträglich zum Studienstart die Möglichkeit bieten, einen kompakten Überblick über die Universität Freiburg und ihre zahlreichen Angebote zu erhalten und so bestenfalls noch tiefer in das Studieren und Leben in Freiburg eintauchen zu können. Die zentralen Einrichtungen unserer Universität sind mit Informationsständen auf dem „Markt der Möglichkeiten“ präsent, ebenso wie die Studierendenvertretung StuRa und zahlreiche studentische Gruppen und Vereine.
 
Auch möchte ich den Tag nutzen, Sie noch persönlich an der Universität Freiburg zu begrüßen. 
 
Ich freue mich auf Ihre Teilnahme und wünsche Ihnen weiterhin eine erfolgreiche und bereichernde Studienzeit!
 
Ihre Rektorin

Ich weiß noch nicht, ob man mich dort antreffen wird. Meine Freunde sind ebenfalls unentschlossen.

,,Derartige Veranstaltungen besucht man doch nur, um tolles Gratiszeug zu bekommen.”, gebe ich zu bedenken.

,,Also meine Schwester in Köln meinte, dass es Wurst und Bier gab.”, erwidert ein Kommilitone.
,,Schwach. Für ne Brezel wäre ich gekommen.”

Und dann gibt es natürlich noch die Kliniker-Erstis. Anscheinend verspricht auch ihr Semesterstart spannend zu werden.

In dem Sinne: Ich wünsche allen Ersts jeglicher Art einen erfolgreichen Start.


Autorin:

Audrey

Coucou, mein Name ist Audrey und ich bin eine aufgeweckte Medizinstudentin aus Freiburg!

Derzeit befinde ich mich ich im vierten Fachsemester Humanmedizin der Albert-Ludwigs-Universität. Ich bin unternehmungslustig, neugierig und nehme mich selbst meistens nicht allzu ernst. Hier schreibe ich ehrlich und ungeschönt über das Medizinstudium, das Studentenleben und so manches anderes.

Mach dir doch einfach dein eigenes Bild. Bis dann!

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